Erfahrungsbericht L´Arche Cork, Irland

Paula, Einsatzzeit 2021 - 2022

Am 31. August stieg ich mit gemischten Gefühlen in das Flugzeug nach Cork: ich war total aufgeregt, dass es jetzt tatsächlich losgeht, auf der anderen Seite war es ein seltsames Gefühl, zu wissen, ein Jahr nicht mehr nach Deutschland zu kommen. 

Nach einer Woche Quarantäne in Cork, kam ich dann endlich am 7. September in meine Einsatzstelle: in die L’ Arche! 

Zur L‘ Arche gehören 6 Häuser, die alle irische Namen haben: An Cuan (die Bucht), An Croi (das Herz), Suaimhneas (Frieden), An Teaghlach (die Familie), Dochas (Hoffnung) und Le Cheile (Zusammen). In Le Cheile ist das Büro der L’ Arche und der sogenannte „Day Service“. In jedem der anderen fünf Häuser leben 3-6 Residents, Menschen mit Behinderung, und 4-6 Assistants, wir Freiwillige. Die Residents sind Erwachsene, zwischen 30 und 80 Jahre alt. Außerdem hat jedes Haus eine Hausleiterin oder einen Hausleiter. 

 

Ich wohne in „An Cuan“. Es ist das Frauenhaus und hier sind die Bewohnerinnen am selbstständigsten. Hier leben 4 „Residents und 3 „Assistents“ (Antonia, Helene und ich). Antonia und Helene kommen beide auch aus Deutschland und haben, so wie ich auch, die Schule mit dem Abitur im Sommer abgeschlossen. Mir macht es Spaß mit ihnen zu arbeiten, weil wir uns sehr gut untereinander verstehen! 

 

Mein Alltag: 

Ein typischer Tag in An Cuan sieht so aus: Um 8.15 Uhr müssen die Medikamente hergerichtet sein und jemand von uns Assistents gibt sie T.. Dann frühstücken wir zusammen und starten so in den Tag. Jede hat ihr eigenes Müsli und dazu gibt’s immer Früchte, Kaffee und Tee. Nach dem Frühstück putzt jemand von uns Assistants mit T. ihre Zähne und dann werden die Haare geflochten. Um 11 Uhr gehen dann A., T. and C. zum Day Service, M. geht in einen anderen Day Service und verlässt dafür das Haus auch immer schon etwas früher. Im Day Service treffen sie Residents aus den anderen Häusern und können mit ihnen alle möglichen Aktivitäten machen: malen, basteln, Handwerken, spazieren gehen oder einfach eine Tasse Tee oder Kaffee trinken. Wir Freiwilligen machen in dieser Zeit den Haushalt. Jeden Tag steht etwas anderes auf dem Putzplan: Küche, Böden, Bäder, … es gibt immer etwas zu tun. Dienstags wird immer der große Wocheneinkauf erledigt. Am Anfang war das immer sehr stressig und wir waren teilweise fast eine Stunde im Supermarkt, aber mittlerweile kennen wir das Sortiment fast auswendig und wissen, wo wir welche Sachen finden. Wir haben tatsächlich auch angefangen, die Zeit zu stoppen wie lange wir brauchen und wir sind schon bei einer halben Stunde – also wir haben uns echt gesteigert! Um 13 Uhr haben wir dann Mittagspause. Zwischen 16 und 17 Uhr kommen dann die Ladies wieder und damit ist auch unsere Pause beendet. Die Frauen erzählen anschließend von ihrem Tag und was es so für Neuigkeiten aus den anderen Häusern gibt. Montags haben wir direkt danach unser Hausmeeting. Es wird alles besprochen, was diese Woche ansteht, wie die vergangene Woche war und wie es jeder Frau geht. Außerdem wird der Essensplan besprochen. 

Direkt nach dem Hausmeeting folgt die Hausnacht: jede Woche ist jemand anderes an der Reihe und darf eine Aktivität aussuchen, welche das ganze Haus dann zusammen macht. Das kann ein Spaziergang sein, Karaoke, eine ABBA-Party oder was auch immer man machen möchte. Das macht sehr viel Spaß und ich finde die Idee total schön. Dann kochen wir das Dinner: die Ladies dürfen sich immer ein Gericht aussuchen, welches sie mit einer von uns Assistants kochen möchten – natürlich gibt es immer eine Küchenparty, denn mit der richtigen Musik macht kochen noch viel mehr Spaß! Um ca. 18 Uhr gibt es dann Abendessen. Wir beten und singen vor und nach dem Essen – das kann auch mal 20 min gehen. Anschließend bereiten sich die Ladies ihr Lunchpaket für den nächsten Tag zu: entweder Reste vom Abendessen oder sie machen sich ein Wrap. T. geht zum Fernsehen in ihr Zimmer. A. macht mit uns ihre Physioübungen und deckt den Frühstückstisch, M. setzt sich ins Wohnzimmer und häkelt und C. telefoniert meistens mit ihren Freund:innen oder ihrer Familie. Gegen 20 Uhr sind wir dann aber eigentlich immer alle im Wohnzimmer und lassen dort den Tag ausklingen. Freitags haben wir unseren Filmabend: jede Woche darf jemand anderes einen Film aussuchen, den wir dann alle zusammen anschauen. Dazu gibt es Popcorn und eine heiße Schokolade. Unsere offizielle Arbeitszeit endet um 21 Uhr, aber es kann auch ein bisschen früher oder später werden. 

Am Wochenende ist der Day Service geschlossen, das heißt, fast alle Ladies sind im Haus: M. und C. gehen abwechselnd jedes zweite Wochenende nach Hause. Meistens machen wir einen Ausflug mit den Ladies, zum Beispiel ans Meer oder in einen Park zum Spazieren gehen. Was dabei natürlich nicht fehlen darf: ein Cappuccino! Am Sonntagmorgen gibt es Pancakes, dafür machen wir am Abend davor zusammen den Teig. Seit Corona entfällt der sonntägliche Gottesdienstbesuch, stattdessen schauen wir zusammen einen Gottesdienst im Fernsehen an. Nachmittags machen wir wieder einen Ausflug. Ich habe extra Fahrstunden bekommen (hier gilt Linksverkehr!), damit wir auch mit dem Auto Ausflüge machen können. 

Eine sehr große Rolle hier im Haus spielen die Haare – vor allem für T. und C.. T. möchte immer einen französischen Zopf geflochten haben, aber sie nennt es „deutscher Zopf“, weil ihn ja eine deutsche Person flechtet, also macht es natürlich total Sinn. Sie möchte einen Zopf haben, da es ihr gefällt, wenn sie kleine Locken oder Wellen hat, wenn sie den Zopf wieder aufmacht. C. möchte auch immer, dass wir ihre Haare flechten oder ihr einfach eine Frisur machen. Sie muss gar nicht erst in den Spiegel schauen, sondern fühlt ihre Frisur nur mit ihren Händen und weiß, dass sie sie sehr mag. M. möchte immer zwei Zöpfe haben, da sie das an ihre Firmung erinnert und sie wieder wie die Teenagerin von damals aussehen möchte. A. fragt eigentlich nie danach, ob man ihre Haare machen kann, aber wenn wir es ihr anbieten, freut sie sich sehr darüber. Ihr seht, Zöpfe flechten zu können ist eine wichtige Voraussetzung für meinen Freiwilligendienst! 

Eine andere Sache, die auch sehr wichtig für die Ladies ist, sind ihre Fingernägel. Alle vier mögen es sehr gerne, wenn ihre Nägel frisch lackiert sind. Das machen wir meistens am Wochenende – dabei wird das Wohnzimmer in ein kleines Nagelstudio umfunktioniert. 

 

Im Gegensatz zu anderen Häusern, steht in An Cuan die Beziehung und die Freundschaft zu den Residents im Vordergrund und nicht unbedingt die Unterstützung in deren Alltag. Natürlich unterstützen wir sie, zum Beispiel indem wir das Haus putzen und Essen kochen, aber dadurch, dass alle so selbstständig sind, steht mehr das Zusammenleben im Vordergrund. 

Als Assistant habe ich zwei Tage pro Woche frei. Wir haben die Möglichkeit, in einer Wohnung in der Stadt oder in einem kleinen Haus ein bisschen außerhalb unsere Off-Zeit zu verbringen, damit wir für zwei Tage ein wenig Abstand haben und diese Zeit voll und ganz für uns nutzen können. In den Häusern der L’Arche sind etwa 20 Freiwillige beschäftigt, überwiegend aus Deutschland. Meistens findet sich eine kleine Gruppe von Freiwilligen zusammen, die dann etwas gemeinsam unternehmen. Wir haben uns Cork angeschaut, waren in typischen Pubs, waren wandern an der Küste oder haben hübsche kleine Städte besichtigt. Die Häuser sind klein und oft bunt angestrichen, das macht einen fröhlichen Eindruck. So sind auch die meisten Leute hier: freundlich und offen. 

 

In der L’Arche leben wir wie in einer großen Familie, in der ich mich sehr wohl fühle. Mit Heimweh musste ich noch nicht kämpfen, aber natürlich freue ich mich immer, wenn ich Kontakt zu meiner Familie und meinen Freunden in Deutschland habe.