Argentinien ist ein Abenteuer, definitiv, eins was mich jeden Tag aufs Neue herausfordert und (manchmal) auch überfordert.
Mir geht es hier sehr gut. Schon nach vier Wochen fühlt es sich an als wäre ich schon ewig in Argentinien und ich liebe die Arbeit in der Baumschule. Die Reserva ist wunderschön, besonders bei
Nacht.
Nachdem ich meine Infomappe und damit die Zusage für meinen Freiwilligendienst mit IN VIA Köln e.V. bekommen habe, gab es einiges vorzubereiten. Arztbesuche, Aufbau des Unterstützerkreises,
Packlisten und Einkäufe für ein ganzes Jahr. Die Abschiede waren oft schwerer als gedacht.
Vor Argentinien hatte ich zwei Seminare von IN VIA Köln, in denen wir Freiwillige gemeinsam für jeweils eine Woche in Solingen und Gummersbach auf unser Auslandsjahr vorbereitet wurden. In diesen
Wochen lernte ich durch interaktive Spiele, Diskussionen und gemeinsamen Essen IN VIA besser kennen, und umgekehrt. Ich lerne die anderen Freiwilligen kennen und wurde gut auf meinen Dienst
vorbereitet.
Am 5. September ging es in Frankfurt los und am nächsten Tag landeten wir elf Freiwilligen in Buenos Aires. Es war ein kleiner Kulturschock, der es in sich hatte. Im ersten Moment habe ich nicht
realisiert, das ich gerade in Argentinien bin, auf der anderen Seite der Welt, und das ich hier für länger bleiben werde als nur für einen Kurzurlaub. Ich habe mich aber sehr schnell zuhause
gefühlt. Die Freundlichkeit der Menschen und vor allem von Graciela, meiner Gastmutter und Chefin, hat mir dabei sehr geholfen, anzukommen.
Unser Garten ist gleichzeitig die Baumschule (Vivero), in der native Pflanzen wachsen, die dann in die Reserva (ein Naturschutzgebiet) gepflanzt oder an Privatpersonen verkauft werden. Das Geld
davon geht alles an die Rerserva und die Parkwächter dort. Graciela ist die Gründerin des „Patrimonium Natural del Pilar“, der Verein rund um die Reserva. Dass ich in der Einsatzstelle lebe
bedeutet, dass meine Arbeitszeiten sehr flexibel sind. Arbeit und Freizeit verschwimmen oft miteinander.
Argentinien hat ein großes Problem mit exotischen Pflanzen, die meist die heimische Natur verdrängen. Pflanzen wie amerikanische Gleditschie, riesige Bäume mit schwarzen Stacheln, aber auch
Löwenzahn und Hirtentäschelkraut überwuchern das argentinische Ökosysteme. Jeden Sonntag gehen wir durch die Reserva und reißen Exoten raus. Native Pflanzen aus der Baumschule werden dann an ihre
Stelle gesetzt.
Ein normaler Arbeitstag von mir in der Woche beginnt um 7/8 Uhr. Nach dem Frühstück fangen wir an in der Baumschule zu arbeiten. Wir pflanzen um, sähen und jäten Unkraut aus den Töpfen.
Unterbrochen wird die Arbeit von einem leckeren Mittagessen. Die Blumentöpfe sind halbe Flaschen, Farbeimer, Hundefutterverpackungen und Milchtüten (die Milch gibt es hier fast nur in
Plastikbeuteln). Müll den die Nachbar*innen bei uns abgeben können. Wir verwenden diesen wieder und der Rest wird einmal in der Woche von einem weiteren Freiwilligen abgeholt und zur Deponie
gebracht.
Am Wochenende sind oft Veranstaltungen in der Reserva, wie die monatliche Nachtwanderung, Tai Chi, Vogelbeobachtungstouren und Führungen durch die Natur.
Auf einer Fläche von 120 Hektar gibt es vier Ökosysteme: den Fluss an dem Schildkröten und Wasservögel leben, eine Grasfläche mit dem bekannten Pampagrass, die Feuchtpampa die bei Regen unter
Wasser steht und einen Wald mit Espinillos. Einmal wurden ein paar Wildtiere in die Reserva ausgesetzt, darunter Biber, Schildkröten, ein Falke und Gürteltiere, die wirklich unglaublich süß
waren.
Sonst begleite ich Graciela oft zu Vorträgen, z.B. war letzte Woche ein Vortrag in einem Kindergarten in Del Viso über die Feuchtgebiete und die Gefahr von privaten Country Clubs. Viele
Freiwillige unterstützen die Arbeit. Oft sind jedoch auch nur Graciela, ich und Samba, der beste Hund der Welt, im Garten. Ich hatte vorher Angst vor Hunden, aber Samba änderte das.
In meiner Einsatzstelle wird sehr viel über Politik diskutiert – über die Ureinwohner*innen Argentiniens und ihre Rechte, die Mütter vom Plaza de Mazo die noch immer nach ihren verschwundenen
Kinder suchen und Gerechtigkeit einklagen, die Politik Mauricio Macris, dem jetzigen Präsidenten sowie die Inflation im Land.
Weihnachten habe ich bei dem Onkel einer Freundin verbracht, der ein kleines Anwesen mit Pool mitten in der Pampa hat. Das hieß drei Tage lang sich am Pool bräunen, kein Handy- Netz, aber Asado
(traditionelles Grillen) als Festtagsessen und eine Familie mit der ich feiern konnte.
Auch in Argentinien haben wir von IN VIA Köln ein Seminar. Im Februar hatten wir in Buenos Aires ein Zwischenseminar. Wir haben über Themen geredet, die uns hier in unserem Freiwilligendienst
beschäftigen. Die Ungerechtigkeit in der argentinische Gesellschaft, der ausgeprägte Machismus und wie man damit umgeht, aber auch die Freizeitgestaltung (insbesondere wie finde ich Freunde?),
die Zukunft nach Argentinien sowie den Sinn des Freiwilligendienstes.
Mein erster richtiger Urlaub ging nach San Martin de Bariloche, einer kleinen Stadt neben den Anden in Patagonien. Bariloche hat etwas Alpenländisches, da es umgeben von Bergen ist. Die Seen sind
wunderschön klar kristallblau, wahrscheinlich die saubersten Seen die ich je gesehen habe.
Nach nun fast der Hälfte meines Jahres hier in Argentinien ist schon so unglaublich viel passiert. Schon jetzt hab ich so viel über mich und die Welt in der wir leben gelernt.